Mettiti il vago cappellino, è tempo
Rimaner nella chiusa cameretta,
Or c`un mare di luce si diffonde?
Ciclo Amore, XXII.
Setz dir das feine Hütchen auf, ist es die Zeit
Drinnen im Kämmerchen zu verweilen,
Nun da ein Meer an Licht sich ausbreitet?
Liebeszyklus, XXII.
Der mit 26 Jahren an der Schwindsucht verstorbene Giuseppe Maccari wurde als Anhänger der Nationalbewegung im Kirchenstaat des Papst Pius IX. eingekerkert, er wurde verachtet und totgeschwiegen, weil er zum Protestantismus konvertierte. Weil er die italienische Nationalbewegung in seiner Dichtung nicht thematisierte und nur bereit gewesen ist das Zeitlose in der „Sprache der Götter“ zu besingen, wurde er im Königreich Italien ignoriert. Die Literaturgeschichte sieht in ihm nur einen Vertreter der Römischen Dichterschule, eine Schule, die sich tatsächlich die von Giuseppe Maccari entwickelte poetische Neuorientierung, eine Synthese von Klassik und Romantik, zu Eigen machte. Nur dank der Leiter des Preußischen Instituts in Rom, die tief beeindruckt von der Hochbegabung des jungen Dichters waren, erhielt der Römer Zugang zu einer reich gefüllten Bibliothek mit der Möglichkeit Bücher auszuleihen – die Bibliothek des Preußischen Instituts. In strengem Selbststudium hatte sich der Dichter Latein und Altgriechisch angeeignet wie scheinbar auch Deutsch, Französisch und Englisch. Trotz seiner ärmlichen Lebensumstände in Rom, eines schmerzhaften Nervenleidens und fehlender Anerkennung schuf Giuseppe Maccari eine Dichtung des Lichts und der Liebe, deren spiritueller Gehalt, deren Schönheit und Reinheit ihresgleichen sucht.
Ettore Ghibellino weist in seiner Einführung erstmals nach, daß Giuseppe Maccari in seinem poetischen Werk virtuos Zahlen in ihrer symbolischen, kompositorischen und gematrischen Funktion einsetzt, womit er in der Tradition Dantes, dem mittelalterlichen Meister der Zahlenpoetik, steht. Maccari verschlüsselt damit tiefere Bedeutungen um die zwei großen Lieben seines Lebens: seine früh verstorbene Geliebte, deren Namen er nur scheinbar nirgends erwähnt, und Gott, dem er schließlich an allen institutionellen religiösen Pfaden vorbei sein Leben weiht.
Mit stoischer Haltung ertrug Giuseppe Maccari Schmerz und Leid, Armut und Verachtung und interpretierte sie als Prüfungen oder gar als göttliche Gnade, die ihn zu höchster Dichtung befähigen soll. Dem Unvermögen des Menschen den göttlichen Plan rational zu begreifen begegnet Maccari in seiner Dichtung mit Neugierde und Staunen, mit Spannung und Verzauberung und einem Urvertrauen in die Ordnung der Schöpfung.